"Völlig aus dem Ruder"? Mysteriöse Preisexplosion: Plötzlich kostet Scheuers Autobahn GmbH dreimal so viel

Freitag, 13.08.2021, 21:23

Die Autobahn GmbH des Bundes sollte eigentlich alles günstiger machen. Doch die Kosten verdreifachen sich auf zwei Milliarden Euro. Die Regierung hat viel zu niedrig kalkuliert. Verkehrsminister Andreas Scheuer schlägt jetzt Empörung entgegen. Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa
Oktober 2020: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) beim Ersten Spatenstich zum Baubeginn der länderverbindenden neuen Elbebrücke im Verlauf der künftigen Bundesautobahn 14 in Wittenberger (Brandenburg)

Kostenexplosion bei der Autobahn GmbH des Bundes: Das Vorzeigeprojekt wird wohl zum Milliardenfresser. Nach einem Bericht des "Tagesspiegel" kostet der Betrieb ab 2022 fast zwei Milliarden Euro. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) kalkuliert in seiner Finanzplanung bis 2025 demnach Mehrkosten von 210 Millionen Euro pro Jahr ein.

Die Kostensteigerungen sind enorm: 2016 veranschlagte die Bundesregierung in einem Gesetzentwurf knapp 632 Millionen Euro Betriebskosten. Die Zahl wurde mittlerweile nach oben korrigiert: 1,766 Milliarden Euro soll die Autobahn GmbH dieses Jahr kosten, das kann sich bis Jahresende aber noch ändern. Für 2022 sind laut Scholz-Vorlage somit 1,966 Milliarden Euro fällig. Eine Verdreifachung der ursprünglichen Kosten. Hinzu kämen pro Jahr rund 5,5 Milliarden Euro an Investitionen durch den Bund.

Scheuers Autobahn-Projekt wird wohl Milliarden kosten

Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, kritisiert das Milliardenprojekt im "Tagesspiegel" scharf. Die Regierung habe "die Kosten der Reform bewusst geschönt und den Nutzen überbewertet", so Kindler. In einem Prüfbericht des Bundesrechnungshofes seien die 210 Millionen Euro noch als einmalige Mehrkosten angegeben worden. Damit sollten IT oder Gebäude finanziert werden. Bis 2025 kommen also nochmal rund 600 Millionen Euro hinzu, folgt man der Planung von Finanzminister Scholz.

Kindler meint, die Kosten würden "völlig aus dem Ruder laufen". Scharfe Kritik übt er auch an Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Er stelle sich die Frage, "ob die Reform so wirklich ihren Zweck erfüllt." Der Minister würde "jahrelanges politisches Versagen mit immer mehr Steuergeld kaschieren", so der Vorwurf des Grünen. Scheuer müsse endlich eingreifen, anstatt die "teuren Berater des Verkehrsministers" für die Planung zu belohnen.

"Politisches Versagen wird mit Steuergeld kaschiert"

Erstaunlich: Gegenüber FOCUS Online sieht das Verkehrsministerium gar keine Kostensteigerung. "Die Kosten waren vorher schon da, nur eben bei den Ländern", heißt es auf Anfrage. Die Ausgaben konnten 2016 "nur geschätzt werden". Dieses Jahr hätte sich gezeigt, "dass jährliche Kosten für Planung, Verwaltung und Betrieb in Höhe von 1,996 Milliarden Euro realistisch sind", so die nüchterne Auskunft.

Die Autobahn GmbH des Bundes verantwortet seit Anfang 2021 die Fernstraßen in Deutschland. Zuvor war dies Aufgabe der Bundesländer. Durch die Reform sollten "Personal und Ressourcen" gebündelt und das "Potenzial zur Steigerung der Effizienz" ausgenutzt werden.

Immer wieder macht das Projekt negative Schlagzeilen. Verkehrsminister Scheuer soll allein 38,4 Millionen Euro für externe Berater ausgegeben haben.


Quelle: Scheuers Autobahn GmbH kostet plötzlich 2 Milliarden Euro - FOCUS Online